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Oh Tannenbaum

| Teaser

(Pfrin. Renata Pense)  Im Radio höre ich gerade die Nachricht: „Weihnachtsbaumverkauf im Sauerland gestartet“. Dabei fällt mein Blick auf das Datum meines Autodisplays. Heute ist der 14. November. Und die Leute kaufen nicht nur jetzt schon Weihnachtsbäume – man könnte ja denken, sie kaufen sie so früh aus Sorge, dass die schönsten Exemplare später ausverkauft sind – nein, sie stellen sie auch jetzt schon auf! Eine aktuelle Umfrage besagt, dass immer mehr Deutsche ihren Weihnachtsbaum bereits zum 1. Advent in vollem Schmuck im Wohnzimmer stehen haben. Übrigens, um ihn dann direkt nach Weihnachten wegzuwerfen. Also dann, wenn die Weihnachtszeit eigentlich beginnt. Ich schlucke und merke, wie traurig ich werde.

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, hatte die Adventszeit immer einen ganz besonderen Reiz. Ich saß jeden Morgen mit meinem einfachen Adventskalender auf dem Bett meines älteren Bruders und wir beide öffneten voller Erwartung zeitgleich das aktuelle Türchen – und freuten uns an der Glocke, der Kerze oder dem Schlitten aus Schokolade, die nun zum Vorschein kamen. Die Spannung stieg, je mehr Türchen schon geöffnet waren. Es war eine Zeit des gespannten Wartens und der Vorfreude. Auch den Adventskranz mochte ich besonders gern und freute mich, wenn jeden Adventssonntag eine Kerze dazu kam und es mit der Zeit immer heller wurde. Und dann am Heiligen Abend wurde mit dem Weihnachtsbaum voller (natürlich „echter“) Kerzen das Fest eingeläutet, wir standen mit roten Wangen und großen Augen vor dem geschmückten Baum, staunten jedes Mal aufs Neue und sangen aus voller Kehle und Überzeugung: „O du fröhliche!“ Schade, dass heutzutage immer weniger Menschen für diesen Spannungsbogen einen Sinn haben. Denn ich fürchte, dass damit auch viel vom Inhalt verloren gehen könnte und von der Bedeutung von Weihnachten als der geheimnisvollen Geburt von Gottes Sohn in unsere dunkle Welt hinein. Auch wenn das 2.000 Jahre her ist und wir seitdem darauf vertrauen, dass Gott stets bei uns ist, erlebe ich es doch häufig so, dass sich das Licht, die Freude und das Heil manchmal nur langsam Bahn brechen und es Zeit braucht und Geduld. Ohne den Advent, das Warten auf das Licht, verlieren wir vielleicht ein Gespür für diesen Wandlungsprozess.

Wenn ich solche gesellschaftlichen Veränderungen schon nicht aufhalten kann, wäre mir vielleicht schon geholfen, wenn es demnächst Adventsbaum heißen würde. Denn Weihnachten ist der Geburtstag von Jesus und den feiern wir nun mal am 24. Dezember. Wir essen doch unsere Geburtstagstorte auch nicht schon vier Wochen vorher, oder? Aber wer weiß. . .

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